Persönlichkeitsbestimmende Interessenstrukturen

Entwickelte Individualisten

Äußerlich erkennt man identitätssuchende Individualisten an ihrem Hang zu auffallender Kleidung, manchmal bunt und schrill, häufig aber farblich fein abgestimmt und passend. Sie haben einen ausgeprägten Sinn für Harmonie und Schönheit. 

Die Ausschläge auf der Gefühlsskala erreichen oft die Extremwerte: Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Sie vermeiden Gewöhnlichkeit. Alles, was konventionell, normal, hässlich, schmutzig oder Mittelmaß ist, wird von ihnen abgelehnt. Individualisten werden psychisch gesund, wenn sie lernen, ihre Kreativität mit angemessener Disziplin zu ergänzen. Auf diesem Weg überwinden sie ihre Selbstbezogenheit und ihre Selbstversunkenheit und stellen sich den praktischen Angelegenheiten des realen Lebens. Sie finden ihre Balance, verbergen nichts, sind aufrichtig, wahrhaftig, mitfühlend und doch emotional stabil.

Entwicklungschancen im Fühlen und/oder Handeln

Individualisten vermeiden Gewöhnlichkeit. Alles, was konventionell, normal, hässlich, schmutzig oder Mittelmaß ist, wird von ihnen abgelehnt. Die Vorstellung, wie alle anderen zu sein, jagt ihnen geradezu panische Furcht ein. Individualisten müssen auffallen, sie müssen in jedem Fall individuell und anders sein. Ihr auffallendes Verhalten gibt ihnen den Status, verschafft ihnen den Freundeskreis, ihren Platz im Leben und die Bewunderung ihrer Mitmenschen. Manchmal gestaltet ein Individualist sein Leben wie ein Kunstwerk. Kleidung, Wohnungseinrichtung, Freundeskreis, Hobbys, Partnerschaft und Gewohnheiten sind aufeinander in exakt inszenierter Weise abgestimmt, sollen aber wie zufällig wirken. Dazu entwickelt er ein feines Gespür für Original und Fälschung.  Er hat Entwicklungschancen im FÜHLEN und/oder im HANDELN.

Mehr Ausgeglichenheit

Mit der Entwicklung entlang der Integrationslinie wächst ein Individualist über seine Gehemmtheit und Introvertiertheit hinaus und lässt sich nicht länger von seinen Launen und Stimmungsschwankungen dominieren. Statt in Selbstmitleid zu versinken lernt er auf diesem Wege Selbstdisziplin und wird ausgeglichener. So begegnet er nun den Herausforderungen des Lebens mit entschlossenem Handeln. Er packt Missstände an, statt nur über sie zu lamentieren; er stellt sich den Situationen des Lebens und zieht sich nicht mehr vorschnell in sein Schneckenhaus zurück. Durch diese Zuwendung zur Realität des Lebens und zu den Bedürfnissen seiner Mitmenschen verliert er seinen übergroßen Drang, sich selbst als etwas Besonderes zu fühlen. Er muss nicht länger Zuflucht in seinen Phantasiewelten suchen, sondern es gelingt ihm besser, in der Gegenwart zu leben. Er findet seine Identität und seinen Platz in der wirklichen Welt. So wird seine Kreativität verständlicher und er ist in der Lage, seinen emotionalen Reichtum mit seinen Mitmenschen zu teilen. 

Der entwickelte Individualist hat seine Selbstbezogenheit und ihre Selbstversunkenheit überwunden und sich den praktischen Angelegenheiten des realen Lebens gestellt. Es ist ihm gelungen, seine extremen Gefühlsausschläge mehr in die Balance zu bringen und damit an Ausgeglichenheit zu gewinnen. Mit Ausgeglichenheit ist eine tiefe und vielfältige, aber auch ausbalancierte Emotionalität gemeint. So kann der entwickelte Individualist sensibel mit der Gegenwart und dem wirklichen Leben umgehen, nicht nur mit seinen Phantasien und Träumen. Er verliert den Zwang, sich als etwas Besonderes zu fühlen. Er ist zu einer Gefühlstiefe fähig, zu der andere Persönlichkeitstypen keinen Zugang haben. Diese kann er manchmal in zeitlosen und begnadeten Kunstwerken ausdrücken. Er verkörpert Synthese, Vermittlung und Ausgleich. Im Umgang mit seinen Mitmenschen ist ein entwickelter Individualist sensibel und intuitiv, taktvoll, diskret und respektvoll. Er ist eine starke Persönlichkeit, die ihre Mitte gefunden hat. Er verbirgt nichts, ist aufrichtig, wahrhaftig, mitfühlend und doch emotional stabil. Wir finden ihn in drei Ausprägungen: Der schöpferische Mensch, der inspirierte Mensch und der sich offenbarende Mensch.

Drei entwickelten Ausprägungen  

Der schöpferische Mensch ist in Kontakt mit den Impulsen, die aus seinem Unbewussten aufsteigen. Er hat gelernt, auf seine innere Stimme zu hören, bleibt dabei aber auch offen für Eindrücke von außen. Er verwandelt all seine Erfahrungen, auch die schmerzhaften, in ein Kunstwerk. Er gleicht einem Gefäß, das alles Schöne, Wahre und Gute auffängt und der Welt weitergibt.

Der inspirierte Mensch: Inspirierte Kreativität kann nur im Tun ausgelebt werden, in der Überwindung der Selbstbezogenheit. Er ist sowohl sich selbst wie auch anderen gegenüber ausgesprochen sensibel und reagiert sehr intuitiv. Seine Intuition gibt ihm die Möglichkeit, zu verstehen, wie andere sich fühlen und denken und mit ihr kann er die Welt erkennen.

Der sich offenbarende Mensch bringt zum Ausdruck, was er empfindet. Er ist der persönlichste aller Typen, der sich anderen unmittelbar und wahrhaftig zeigt, wie er ist. Er trägt keine Maske mehr, hinter der er seine Zweifel und Schwächen versteckt. Er zeigt seine Schwächen und Irrationalitäten bereitwillig, da er glaubt, diese seien nicht zufällig, sondern spiegeln sein wahres Wesen wider.